Ansiar erzählt - oder: Unsere Ausbildung zum Mensch-Hund-Team für tiergestützte Therapie und Pädagogik
Auf Umwegen - von einer Idee zum Herzenswunsch
Nach einem Fortbildungstag zu Tiergestützter Arbeit im Oktober 2019 hatte meine Mama den Wunsch, dass ich eine Therapiehündin werden solle. Ich fand die Idee super – ich lerne gerne Neues und so könnte ich meine Mama später zur Arbeit begleiten und noch mehr Zeit mit ihr verbringen. Das tun wir nämlich beide sehr gerne. Also schaute meine Mama nun nach einer Ausbildungsmöglichkeit. Bei uns in der Gegend gibt es nur ganz wenige und meine Mama hatte damals auch noch keine bzw. erst wenig Erfahrung. Dennoch konnten wir schon im Frühjahr 2020 beginnen. Leider machte uns diese Ausbildung, nach einigen Besuchen, aus verschiedenen Gründen gar keinen Spaß: zum einen waren wir dort ganz alleine mit nur einer Trainerin. Es wurde immer nur mit mir geübt. Meine Mama wollte jedoch gerne auch theoretische Grundlagen lernen und sich in einer Gruppe mit anderen austauschen. Und als ich dann, nach ein paar Trainingseinheiten, mit einer Wasserflasche vollgespritzt werden und nicht mal mehr bellen sollte, wenn ich etwas komisch oder aufregend fand, habe ich mich unter einem Stuhl versteckt und hatte keine Lust mehr. Zum Glück hat meine Mama dann entschieden, dass wir diese Art von Ausbildung nicht länger wollen und ganz schnell abbrechen. Da war ich sehr dankbar, dass sie es schnell gemerkt hat und ich mich nicht länger verstecken brauchte.

Als wir dann vor 2 Jahren im Urlaub waren, hat meine Mama nochmal neu gesucht – ganz viel recherchiert, gelesen und telefoniert. Plötzlich war meine Mama ganz glücklich und erzählte mir, dass wir im September 2020 unsere Ausbildung in Berlin beginnen können: in einer Gruppe mit 12 anderen Teams, mit vielen Trainerinnen und Dozentinnen, mit einer Kombination aus Theorie und Praxis. Und das Allerbeste: ich durfte dort so sein, wie ich bin. Das bedeutet, ich durfte bellen und knurren, wenn ich etwas komisch fand oder Angst hatte. Niemand wollte mich deshalb bestrafen oder mir meine Sprache abtrainieren – im Gegenteil: Es wurde geschaut, weshalb ich in einem bestimmten Moment belle oder an-belle – und dann hat Mama gelernt, wie sie mit mir üben kann, dass ich das gar nicht mehr tun brauche. Da gab es keine Wasserflaschen und niemand stampfte mit dem Fuß, damit ich mich erschreckte. Stattdessen gab es ganz viele Kekse, wenn ich etwas Gruseliges ruhig anschaute. Click für Blick nannte die Lehrerin das. Später gab es dann Kekse, wenn ich in unsicheren Situationen lernte, mich allein abzuwenden und zu meiner Mama zu schauen. “Click fürs Abwenden“, sagte unsere Lehrerin dazu. Das machte mir viel mehr Spaß. Ich hatte das Prinzip schnell verstanden und ich wollte Kekse. Ganz viele. Die waren viel besser, als wenn ich erschreckt werde oder von gruseligen Spritzflaschen noch mehr Angst bekomme. Mama wusste nun, wie sie mich in solchen Situationen unterstützen kann. Und weißt du was? Viele von den Dingen oder Situationen, vor denen ich früher Angst hatte oder in denen ich unsicher war, fand ich nach und nach ganz okay. Das machte der Keks – wenn ich etwas Blödes sehe und dann gleichzeitig einen Keks bekomme, konnte ich alles gleich ruhiger anschauen und dann war es gar nicht mehr so blöd. So konnte ich also lernen, neue Dinge erstmal anzuschauen und bei Fragen meine Mama anzuschauen, die mir alles ruhig erklärt. Die Lehrerinnen nennen das positives Hundetraining. Da geht’s um mich und meine Bedürfnisse – ganz ohne Strenge oder körperliche Gewalt.
Als Mama von der neuen Schule erzählte, wusste ich natürlich noch gar nicht, was ich dort alles lernen würde. Mama erzählte mir nur, dass ich da sein kann, wie ich bin. Da wollte ich hin. Und meine Mama auch. Sie findet es nämlich blöd, wenn immer zuerst geschaut wird, was mir schwer fällt, wo wir Probleme haben – und nicht zuerst, was ich gut kann und dass ich schon viel gelernt habe.
Und so landeten wir bei Tierisch viel Spaß und absolvierten dort über fünfzehn Monate unsere Ausbildung. Ich nehme es mal vorweg: meine Mama und ich waren dort richtig glücklich und zufrieden.
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In Berlin - von Vorfreude und Umsetzung
Im September 2020 startete eine neue Ausbildungsgruppe von Tierisch viel Spaß in Berlin. Ich hatte noch keine Ahnung, was mich erwarten würde, dafür war meine Mama umso aufgeregter. Sie erzählte mir immer wieder etwas von “Schule”. Da ich das Wort aus den vergangenen Jahren mit gemeinsamem Spaß und Lernen verband, freute ich mich schon. Vorher wollten wir jedoch die Leiterin der Ausbildung treffen und verabredeten uns zu einem Spaziergang bei Berlin. Sie sagte danach, wie gut ich mich an meiner Mama orientiere und dass sie denkt, dass uns die Ausbildung Spaß machen wird.

Die Fortbildung fand an zwölf Wochenenden statt, jeden Samstag und Sonntag, den ganzen Tag und war eine Kombination aus Theorie (für die Hundeeltern) sowie praktischem Training, Anleitungen und neuem Input. Zunächst allgemein, später dann gezielt, am zukünftigen Einsatz orientiert. Auch blieben Raum und Zeit für individuelle Schwerpunkte und Trainingsanleitungen. Da wir über zwei Stunden zum Ausbildungsort fahren mussten, sind wir meistens schon freitags nach Berlin gefahren und haben das Wochenende im Hotel geschlafen. Das fand ich sehr aufregend. Am Ausbildungsort wurden meine Hunde-Mitschüler*innen und ich in zwei Gruppen aufgeteilt, so dass jeden Tag etwa fünf oder sechs von uns bei der Theorie mit vor Ort waren.
Für mich ist es immer sehr aufregend, neue Hunde zu treffen. Ich habe da am Anfang gerne etwas mehr Abstand und schaue mir die erstmal mit Entfernung an. Ich habe in diesem Jahr jedoch tolle Hundefreunde kennengelernt, mit denen Mama und ich uns heute noch treffen. Während der Theorie lag ich ganz entspannt in meiner Hundehütte und habe die Seminarzeit meist verschlafen. Mama hat fleißig mitgeschrieben, gelernt und mich rechtzeitig zum praktischen Training aufgeweckt. Besonders habe ich mich immer gefreut, wenn wir etwas vormachen durften. Ich liebe es einfach, mit Mama zu arbeiten und Mama war stolz, wenn ich es gut machte. Manches fiel mir leicht, anderes etwas schwerer.
Am Ziel - über Seminarwochenenden zum zertifizierten Mensch-Hund-Team
Manche Menschen denken, dass bei der Therapiehundeausbildung überwiegend der Hund lernen muss oder “erzogen wird”. Dem ist nicht so, im Gegenteil – die meiste Arbeit, den Großteil des Lernens und der Veränderung, hat der Mensch im Team. Also, Hundekumpels – entspannt euch. Meine Mama hat gesagt, das Wichtigste, was sie in der Ausbildung gelernt hat, war, mich genau einschätzen und lesen zu lernen. Und weil Mama das fleißig gelernt hat, weiß ich, dass ich mich auf Mama verlassen kann. Sie versteht nun nochmal besser, weshalb ich reagiere, wie ich es tue. Deshalb bereitet sie Situationen entsprechend so vor, dass ich Freude am Arbeiten habe und unterstützt mich, falls es für mich mal stressig wird. Teamwork eben.
Bei unseren zehn Seminarwochenenden, die über ein Jahr verteilt waren, ging es um folgende Themen:
- Grundlagen des Lernverhaltens
- Den Hund lesen und verstehen
- Die Entwicklungsphasen von Hunden
- Lernverhalten und Hundetraining
- Der Hund im Einsatz 1 und 2
- Stress und Entspannung
- Medical Training
- Ausgleich und BeschäftigungGesundheit und Erste Hilfe.
Etwa in der Mitte der Ausbildung wurde ich plötzlich eine Praktikantin. Mama und ich haben zusammen fünfzehn Einsätze gemacht – einen Teil davon in der Suchtberatung, den anderen Teil mit Mamas Klavier-Schüler*innen und im Coaching. Das hat mir viel Spaß gemacht. Mama musste jeden Einsatz sehr genau dokumentieren und am Ende dazu einen Bericht schreiben. Alle Berichte wurden dann in einem Seminar vorgestellt. Das war Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung. Und dann war es endlich soweit: Mama durfte die schriftliche Prüfung machen und musste dazu zweihundert Fragen aus allem Gelernten beantworten. Mama hat ganz schön geschwitzt, denn trotz Vorbereitung und Lernen waren manche Fragen kniffelig. Mama hat es jedoch toll gemeistert. Im Januar 2022 war dann unsere gemeinsame Abschlussprüfung: Mama war sooo aufgeregt, das habe ich natürlich auch gemerkt – ich wusste, heute ist ein wichtiger Tag und ich habe mich besonders angestrengt.

Die Prüfung bestand aus mehreren Teilen: Wir mussten einen Einsatz simulieren, beim Medical Training schaute Mama meine Ohren, Augen, Maul und Pfoten an und massierte mich. Und dann gab es noch Übungen, wo geprüft wurde, wie ich mich in komischen Situationen verhalte, zum Beispiel wenn Menschen in Rollstühlen, mit Krücken oder anderweitig ungewohnt unterwegs sind und auf mich zukommen. Da war es Mamas Aufgabe, schnell und angemessen zu reagieren und mich erst einmal “aus der Situation zu nehmen” und zu schützen. Später dann durften mich die fremden Menschen natürlich auch streicheln und ich konnte sie nacheinander kennenlernen.
Nach der Prüfung wurden wir rausgeschickt, damit das Team aus vier Prüfer*innen sich beraten konnte. Als wir zurückkommen durften, wurde uns gesagt, dass wir bestanden haben! Wir waren einfach nur glücklich! Meine Mama war sehr erleichtert, das habe ich daran gemerkt, dass sie mich immerzu nur noch geknuddelt hat. Mama hat dann noch ein paar Tipps bekommen – natürlich hört das Lernen mit der Prüfung nicht auf.
Sachkundenachweis § 11 TierSchG
Weil die Voraussetzungen und Kriterien für die tiergestützte Arbeit in Deutschland zum Ende unserer Ausbildung noch nicht einheitlich geregelt waren (und es auch weiterhin noch nicht sind), haben Mama und ich im Anschluss noch einen Sachkundenachweis § 11 TierSchG bei unserem zuständigen Veterinäramt abgelegt. Wieder zwei Prüfungen: bei der theoretischen Prüfung bekam Mama erneut ganz viele Fragen, diesmal musste sie diese online beantworten. Für die praktische Prüfung kam die Amtstierärztin uns dann bei einem Einsatz besuchen. Sie hat sich genau angesehen, ob ich auf der Arbeit gute Bedingungen habe, um mich wohlfühlen zu können, ob es mir Spaß macht oder ob ich Stress mit fremden Menschen habe – ob Mama gut für mich sorgt, auf mich aufpasst und mir hilft, wenn es mal schwierig ist.
Mit beiden Abschlüssen im Gepäck lernen wir seither gemeinsam im Arbeitsalltag – es gibt immer wieder (neue) Abenteuer und Herausforderungen und ich freue mich, diese mit meiner Mama gemeinsam bewältigen zu dürfen.