Haben Sie selbst ein Haustier oder hatten eines, das Sie in Ihrer Kindheit begleitet hat? Dann erinnern Sie sich vielleicht noch daran, was Sie an Ihrem Tier besonders mochten oder heute noch schätzen. Oder Sie hatten kein eigenes Tier, wünschen sich dieses jedoch schon sehr lange und träumen, wie es Ihr Leben bereichern würde?
Möglicherweise haben Sie dann auch schon Vorstellungen oder Ideen dazu, weshalb Tiere heute mehr und mehr in die psycho-soziale Arbeit eingebunden werden.
Im Nachfolgenden gebe ich einen einführenden Überblick zum Coaching mit einem Therapiehund.
- Was ist hundegestützte Arbeit?
- Tiergestützte Therapie oder -Arbeit – wo sind die Unterschiede?
- Wo können Therapiehunde arbeiten?
- Was macht einen Therapiehund aus?
- Tiergestützte Therapie – was passiert in einer Therapiehund-Ausbildung?
- Qualitätskriterien einer guten Ausbildung
- Was lernt das Mensch-Hund-team während der Ausbildung?
- Tiergestützte Arbeit – welche Möglichkeiten hat ein Mensch-Hund-Team ?
Tiergestützte Arbeit mit Hunden stellt keine eigene Therapiemethode dar, sie kann die Interaktion in Beratung, Coaching oder auch Therapie jedoch emotional, kognitiv und sozial stützen sowie fördern. Dabei sind Hunde herausfordernde, konsequente und gleichzeitig sehr geduldige Lehrer. Sie nehmen die Stimmung von Menschen, nachfolgend Klienten, sehr schnell wahr und spiegeln diese im eigenen Verhalten wider. In gewünschter Weise reagieren sie nur auf klares und eindeutiges Verhalten.
Durch den Einsatz von Hunden in tiergestützter Therapie können Klienten beispielsweise lernen, ihre eigenen Wünsche zu spüren, sie klar zu formulieren, eigene Grenzen zu setzen und gleichzeitig auch die Grenzen des Tieres zu respektieren. Sowohl Selbstwahrnehmung als auch Fremdwahrnehmung können geschult und neue Verhaltensmuster erprobt werden. Dabei erzielt der vorsichtige, sensible, spielerische und professionell begleitete Umgang mit dem Hund in der tiergestützten Arbeit eine ganzheitliche Ansprache und Förderung des Menschen.

Therapiehund Ansiar
Wenngleich ich mit einem Haustier aufgewachsen bin und mich auch später noch jahrelang kleinere Tiere begleiteten, hätte ich nie für möglich gehalten, was eine Hündin in meinem Leben auslöste, in Bewegung gebracht hat und jeden Tag aufs neue bringt. Meine Hündin, die es mir leicht machte, eingefahrene Gedanken und Prinzipien “über Bord zu werfen”, die mich seit über 3 Jahren jeden Tag begleitet und mit ihrem großen Herzen einfach nur glücklich macht.
Coachinggespräche durch tiergestützte Arbeit zu bereichern, meine Therapiehündin einzubinden und als Mensch-Hund-Team mit Kompetenz und vier Pfoten für Sie da zu sein, ist mir ein wichtiges Anliegen und eine große Freude.
Ausgehend von der Definition des europäischen Dachverbands für tiergestützte Therapie (ESAAT) werden alle Angebote mit Tieren, die bewusst geplant sind, in dem Begriff der tiergestützten Therapie zusammengeführt. Hierbei kann es sich sowohl um pädagogische, psychologische als auch soziale und sozial-integrative Aktivitäten handeln. Diese können sowohl im Einzel- als auch Gruppensetting stattfinden.
In Abhängigkeit von Einsatzbereich und fachlicher Ausbildung der Fachkraft finden sich in der Literatur jedoch auch Unterscheidungen zwischen tiergestützter Therapie, tiergestützter Pädagogik, tiergestützter Arbeit oder auch tiergestützten Aktivitäten.
Im Folgenden werde ich die Begriffe tiergestützte Therapie, tiergestützte Intervention und tiergestützte Arbeit synonym verwenden.
Die Möglichkeiten tiergestützter Therapie lassen erahnen, dass ein Therapiebegleithund heute in vielfältigen Bereichen zum Einsatz kommt. So finden wir Therapiebegleithunde überall dort, wo ausgebildete Fachkräfte andere Menschen anleiten, begleiten, fördern, unterstützen, coachen, beraten oder auch therapieren. Hierzu gehören beispielsweise folgende Einrichtungen:
Kindertagesstätten und Schulen
Integrationseinrichtungen
Jugendzentren
Ergotherapeutische oder logopädische Praxen
(Psychiatrische) Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen
Senioreneinrichtungen
Beratungs- und Therapieeinrichtungen
Hospize

Das tiergestützte Angebot erfolgt hierbei als eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Intervention und wird von professionellen Fachkräften oder gleich qualifizierten Personen angeleitet und/oder durchgeführt. Die Fachkraft, welche die tiergestützte Therapie durchführt, verfügt über adäquate Kenntnisse hinsichtlich des Verhaltens, der Bedürfnisse, der Gesundheit und der Indikatoren/ der Regulation von Stress der beteiligten Tiere/ des Hunde und hat diese in einer Ausbildung erworben.
Tatsächlich bin ich sicher, dass die Unterschiede zwischen einem Familien- und Therapiehund weit weniger groß sind als oft angenommen.
In diesem Kontext spielt ein – mittlerweile veraltetes – Bild eines Therapiehundes eine Rolle, das leider auch heute noch bei einigen Hundetrainer:innen und Mitmenschen vorhanden ist und selbst in einigen Ausbildungen zur tiergestützten Therapie noch gelehrt wird: das Bild eines Hundes, der freundlich auf jeden zuläuft, sich sofort und von jedem anfassen lässt, der alles aushält und auch inmitten von zehn auf ihm tobenden Kindern selbstverständlich weder bellt oder gar knurrt.
Ja, es gibt sie, diese „Streichelobjekte“ und nicht in jedem Fall musste dem Hund dafür sein individuelles, artgerechtes Verhalten wegtrainiert werden – in anderen Fällen wird jedoch genau das getan! Und so bildet dieses “Streichelobjekt” eine klare Ausnahme und ist sehr sicher nicht das Standardbild eines Therapiehundes.
Wann ist ein Hund Therapiehund?
Das Wichtigste für einen Hund, der in tiergestützter Arbeit zum Einsatz kommen soll, ist, dass dieser Hund zuerst einmal einfach Hund ist, genau das auch bleibt und sich mit seiner Bezugsperson oder Familie rundherum wohl und geborgen fühlt. Darüber hinaus sollte ein Therapiehund für den Einsatz über eine gute Grunderziehung verfügen und in der Lage sein, Signale seines Menschen entsprechend auszuführen.
Der Unterschied zum normalen Familienhund erwächst aus der Tatsache, dass ein Mensch-Hund-Team, bevor es tiergestützt arbeitet, in der Regel eine mehrmonatige gemeinsame Ausbildung absolviert, in welcher der angehende Therapiehund lernt, seine Befindlichkeiten und Wünsche zum Ausdruck zu bringen und entsprechend dieser zu kommunizieren. Gleichzeitig lernt der Mensch, seinen Hund individuell und in jeder Situation zu lesen. Nur so kann ein Hund als eigenes Individuum selbständig und empathisch arbeiten und gemeinsame Mensch-Hund-Teamarbeit gelingen!
Besteht der Wunsch, den eigenen Hund als Therapiehund ausbilden zu lassen und als solchen z.B. in tiergestützter Therapie oder tiergestützter Pädagogik einzusetzen, bedarf es dazu einer Fortbildung. Entsprechende Fortbildungen werden deutschlandweit angeboten. Gleichzeitig gibt es leider keine einheitlichen Kriterien und Qualitätsstandards dieser Ausbildungen, weshalb gute Vorkenntnisse zur Auswahl umso wichtiger sind.
Tipp: An diesem Punkt ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Sie nicht Ihren Hund in eine Fortbildung geben und ihn dann „fertig“ zurückbekommen. Im Unterschied zu beispielsweise Assistenzhunden geht es in der Therapiehunde-Fortbildung auch nicht um die Ausbildung eines Hundes, sondern das Zusammenwachsen und Lernen eines Mensch-Hund-Teams – wobei der Mensch ebenso, wenn nicht sogar mehr als sein tierischer Partner, lernen darf.

In Deutschland gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine gesetzlichen Vorgaben oder Richtlinien für die Ausbildung von Therapiehunden – was es für Interessenten schwer macht, sich im Dschungel der unterschiedlichen Anbieter zurechtzufinden.
Auf der Suche nach einer entsprechenden Therapiehund-Fortbildung ist es somit wichtig zu schauen, ob die Fortbildung des jeweiligen Anbieters nach den ISAAT und ESAAT-Standards aufgebaut ist und ggf. schon eine entsprechende Zertifizierung vorliegt.
Darüber hinaus ist die gewerbsmäßige (nicht die ehrenamtliche!) Arbeit als Mensch-Hund-Team nach § 11 Tierschutzgesetz erlaubnispflichtig. Ein entsprechender Antrag auf Erlaubnis wird nach Fortbildungsabschluss beim zuständigen Veterinäramt gestellt.
ISAAT UND ESAAT
Die European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) hat Standards entwickelt, um sowohl die theoretischen als auch die praktischen Inhalte tiergestützter Interventionen in allen europäischen Ländern einheitlich zu gestalten. Hierzu werden Minimalstandards an Vortragende und Ausbildende festgehalten und regelmäßige Qualitätskontrollen etabliert. Was ESAAT auf europäischer Ebene, ist ISAAT im internationalen Kontext.
Immer mehr Ausbildungen in Deutschland lassen sich nach ESAAT und ISAAT zertifizieren oder streben dies an.
In der Regel dauert die Fortbildung ca. 12-15 Monate und unterteilt sich in theoretische und praktische Inhalte, die von einem Team aus ausgebildeten und erfahrenen Hundetrainer:innen, Tierärzt:innen, Therapeut:innen und anderen Fachkräften mit unterschiedlichsten Zusatzqualifikationen und Erfahrungen, vermittelt werden. Der Unterricht findet in der Regel in einer Gruppe statt, die Hunde sind beim Lernen mit vor Ort und werden dazu in Kleingruppen eingeteilt.
Die Fortbildung beinhaltet praktische Trainingseinheiten; darüber hinaus absolvieren die teilnehmenden Teams in vielen Fällen ein Praktikum, das aus mehreren Einheiten besteht und über Videoanalysen sowie einen Praktikumsbericht nachbereitet wird. Zum Ende erfolgen eine theoretische und eine praktische Prüfung, in der die Mensch-Hund-Teams das Gelernte zeigen und anwenden, bei Bestehen ihr Zertifikat als ausgebildetes Mensch-Hund-Team erhalten und fortan in tiergestützter Therapie arbeiten dürfen.
Viele Menschen, die diese Fortbildung anstreben, sind in psycho-sozialen Arbeitsfeldern tätig, das bedeutet, sie arbeiten zum Beispiel als Pädagogen, Berater, Pflegefachkräfte oder Therapeuten – jedoch kann auch jeder als Quereinsteiger beginnen.
In Abhängigkeit vom Einsatzbereich des zukünftigen Mensch-Hund-Teams und der Grundausbildung der Hundeführenden, arbeiten beide später eher im Bereich der Pädagogik, der Therapie oder Beratung. Der Hund wird hier zielgerichtet in die beratende, pädagogische oder auch therapeutische Arbeit eingebunden.
Etwas anders gestaltet sich der Einsatz bei Quereinsteigenden, die vom Grundberuf her nicht pädagogisch oder therapeutisch arbeiten. Das Mensch-Hund-Team wird dann nicht als Therapiehund-Team, sondern als Besuchshund-Team ausgebildet.
Neben der Möglichkeit, seinen Hund nach bestandener Prüfung mit zur Arbeitsstelle zu nehmen und ihn dort einzusetzen, sind auch ehrenamtliche Einsätze in einem anderen als dem eigenen Bereich möglich. So gibt es zahlreiche Mensch-Hund-Teams, die dann zum Einsatz gehen, wenn andere Feierabend haben – etwa an den Abenden oder auch am Wochenende.